02.10.2020

Das Lieferkettengesetz schützt Menschen und stärkt die Wirtschaft

Es ist nicht zu begreifen: Seit Wochen ringen Arbeitsminister Hubertus Heil und Entwicklungsminister Gerd Müller mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier um die Verabschiedung der Eckpunkte für das geplante Lieferkettengesetz im Bundeskabinett. Worum geht es denn eigentlich? Um Menschenrechte und den Schutz der Umwelt. Deren Geltung ist in einem demokratischen sozialen Staat rechtlich gesichert und einklagbar. Nur: in Deutschland wird längst nicht mehr alles selbst produziert. Das ist allerspätestens 2013, als die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte und 1.100 Menschen starben, ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Die Gegner des Lieferkettengesetzes verweisen immer wieder – insbesondere durch wirtschaftliche Lobbygruppen – auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die sie durch das Gesetz in Gefahr sehen. Doch wenn Wettbewerbsfähigkeit auf geringen Produktionskosten fußt, wird sie für die Menschheit und die Ökosysteme teuer erkauft. Dumpinglöhne in der Fertigung, Entsorgung von Abfall und Giftstoffen in Flüssen und Meeren sowie Korruption sind nur die Spitzen eines Berges von Verfehlungen. „Wirtschaftlicher Druck“ vs. „Menschenrechte“. Doch hat ein wirtschaftliches System, das Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Kauf nimmt, eine Daseinsberechtigung?

Die 2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNLP) werden in Deutschland auf freiwilliger Basis umgesetzt. Die Unternehmen wurden zu den eigenen Umsetzungen befragt. Das Ergebnis: ernüchternd. Nur 22% setzen die Richtlinien um. Das muss sich jetzt ändern mit der Einführung einer gesetzlichen Pflicht zur Sorgfalt für die Unternehmen, dass durch ihr Wirtschaften kein Schaden für Mensch und Natur entsteht. Sanktionen bei Fehlverhalten inklusive.

Ein Lieferkettengesetz hat aber auch Vorteile: 1. die Grenzen des Wirtschaftens für deutsche Unternehmen gelten für alle gleich und eindeutig 2. können ethisch verantwortete deutsche Produkte auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf dem internationalen Markt haben. Das stärkt die Marken und sie entkommen durch die Wahrnehmung von globaler Verantwortung dem ständigen Preisdruck. Mittlerweile setzen sich sogar einige Unternehmen für die Einführung eines solchen Gesetzes ein.

Es wird Zeit, dass auch der Bundeswirtschaftsminister seine Blockadehaltung beendet und Deutschland damit in die Lage versetzt beispielhaft voranzugehen, um entsprechende Lösungen auf EU-Ebene anschließend auch in der EU-Ratspräsidentschaft vorzubereiten.

Markus Wagner