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The Conference House
20 Jahre haben die Mercosur-Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay und die Europäische Union (EU) um ein Handelsabkommen gerungen. Ende Juni 2019 erreichten sie eine grundsätzliche Einigung auf politischer Ebene. Diesen Herbst soll es unterzeichnet werden. Mit dem EU-Mercosur-Handelsabkommen würde mit knapp 780 Millionen Konsument*innen der zweitgrößte Markt (nach dem RCEP von Nov. 2020) der Welt entstehen. Es wäre das umfangreichste Handelsabkommen, welches die EU bisher abgeschlossen hat. Aus wirtschaftlicher Perspektive, so die Präsidentin des Verbandes der dt. Automobilindustrie (VDA) Müller, biete das Abkommen „große Chancen für Menschen, Wirtschaft und den Klimaschutz sowohl in Europa als auch in den vier Ländern Südamerikas".
Geht es wirklich um große Chancen für Menschen, Wirtschaft und den Klimaschutz? In einer genaueren Auseinandersetzung mit dem Abkommen lässt sich festmachen, dass gerade die deutschen Automobil-, Maschinenbau- und Chemiekonzerne vom Abbau der Zölle profitieren würden. Dafür könnten die Mercosur-Staaten mehr Agrarprodukte wie Rind- und Geflügelfleisch, Zucker und daraus gewonnenes Bio-Ethanol in die EU ausführen. Allerdings handele es sich bei diesen Agrarprodukten „um die Haupttreiber für die Abholzung des Amazonasregenwaldes, Treibhausgasemissionen, Landvertreibungen und Menschenrechtsverletzungen“[1].
Bisher stehen kirchliche und zivilgesellschaftliche Gruppen in beiden Wirtschaftsräumen sowie EU-Länder kritisch dem Abkommen gegenüber. Die Studie von Misereor, Greenpeace und der Dreikönigsaktion kommt zu dem Fazit, dass die Schutzinstrumente für Mensch und Natur mangelhaft seien. So gäbe es bisher noch keine Menschenrechtsklausel. Diese würde – wenn vertraglich festgehalten – die Aussetzung von Handelsvorzügen bei Menschenrechtsverstößen erlauben. Es ist an der Zeit, dass solche Menschenrechtsklauseln Wirtschaft und Menschenrechte auch in den bedeutenden Abkommen versöhnen. Eine „Voraussetzung für die Aufnahme von Handelsgesprächen muss die Ratifizierung und nachweisbare Umsetzung multilateraler Umweltabkommen […], internationaler Menschenrechtsabkommen sowie der Konventionen zu den ILO-Kernarbeitsnormen“[2] darstellen. Ein Abkommen ohne Schutzinstrumente für Mensch und Natur muss neu verhandelt werden.
Konrad J. Haase
[1] Misereor / Greenpeace / Dreikönigsaktion, EU-Mercosur-Abkommen. Risiken für Klimaschutz und Menschenrechte, Online unter: https://www.misereor.de/fileadmin/publikationen/studie-EU-mercosur-abkommen-risiken-fuer-klimaschutz-und-menschenrechte.pdf (Abgerufen am 25.11.2020), S.4.
[2] Ebd. S.34
Über 20 Jahre haben die Mercosur-Länder und die Europäische Union um ein Handelsabkommen gerungen. Auch wenn es für beide Wirtschaftsräume wirtschaftliche Vorteile hätte, bleibt zu fragen, inwiefern Mensch und Natur hinreichend im Vertrag geschützt werden? Ein Vertrag ohne Schutzinstrumente wäre ein schwerwiegender und langanhaltender Fehler gegenüber Mensch und Natur heute und morgen. Konrad J. Haase kommentiert im Stand·PUNKT.
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