05.03.2021

Mehr Wertschätzung für die betriebliche Ausbildung!

Im Jahr 2017 verfügten mehr als die Hälfte der 20- bis 24-Jährigen über eine (Fach-)Hochschulreife. Unter den 60- bis 64-Jährigen hatte im Vergleich dazu nur ein Viertel die Schullaufbahn mit (Fach)Abitur abgeschlossen. Auch die Zahl der Studienanfänger*innen steigt seit Jahren kontinuierlich. Eine Meldung, die das deutsche Bildungssystem stolz machen könnte, da die Zahl der Abiturient*innen sich innerhalb einer Generation verdoppelt und somit auch einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit geleistet hat. So weit so gut.

Leider geht dieser Trend jedoch mit einer anderen Entwicklung einher: der zunehmenden Akademisierung der beruflichen Bildung und der damit verbundenen Entwertung der betrieblichen Ausbildung. Und das, obwohl das deutsche Modell der dualen betrieblichen Ausbildung europaweit Anerkennung erfährt; denn durch die berufsschulische Bildung macht es die Qualität der Ausbildung nicht allein vom Ausbildungsbetrieb abhängig. Dennoch leiden besonders handwerkliche Berufe unter dem Verlust der gesellschaftlichen Wertschätzung ihres Berufs.

Aus dem Erfolgsmodell der dualen betrieblichen Ausbildung droht ausgerechnet in Deutschland ein Ladenhüter zu werden. Für immer mehr Jugendliche (und vor allem deren Eltern) scheint das alleinige Ziel die Aufnahme eines Studiums zu sein – was studiert wird, ist dabei fast egal. Gesellschaftliche Anerkennung um jeden Preis. Gleichzeitig belegt die steigende Quote der Studienabbrecher*innen, dass nicht jede*r dort sein Glück findet: Fast die Hälfte der Studienabbrecher*innen entscheiden sich anschließend für eine betriebliche Ausbildung. Wer sich für ein Studium berufen fühlt, soll diesem gern nachgehen und dem sollen auch die gleichen Chancen hierfür zur Verfügung stehen (hier verweise ich auf den Standpunkt meiner Kollegin Claudia Schwarz zur Bildungsgerechtigkeit), aber es muss nicht jede Schulkarriere in ein Studium münden. Wir benötigen dringend eine gesellschaftliche Aufwertung der betrieblichen Ausbildung ohne zunehmende Akademisierung – und damit indirekt auch eine Aufwertung der Haupt- und Realschulabschlüsse.