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The Conference House
Politik soll sich aus der Wirtschaft raushalten. Wenn Politik aber ihre Aufgabe vernachlässigt, der Wirtschaft einen gesellschaftlich gewollten Ordnungsrahmen zu geben, dann lähmt diese Tatenlosigkeit das Potenzial für klimagerechte Innovationen. Wer in zukunftsfähige Projekte investieren will, wer sein Unternehmen nachhaltig aufstellen will, der und die brauchen politisch Leitplanken, wohin diese Reise in die Zukunft denn politisch gehen soll.
Ein sprechendes Beispiel aus jüngerer Geschichte. FCKW als Kältemittel in Kühlschränken war zunächst ein Wunderstoff, dann wurde es immer mehr zu einem existentiellen Problem für die Umwelt (Ozonloch). Der Markt verharrte jedoch in den althergebrachten Produktionsweisen. Erst als die Politik ankündigt, FCKW zu verbieten, entdecken Unternehmer bei einer kleinen ostdeutschen Firma deren Patent für einen Kühlschrank ohne FCKW. Mit dem politisch verhängten Verbot wird es wirtschaftlich lohnend, dieses Patent zu nutzen. Heute ist ein Kühlschrank ohne FCKW der kluge Standard. Kurze Bilanz der Bedenken: Einbußen beim Komfort? Äh, nein. Sind die Preise von Kühlschränken explodiert? Fehlanzeige!
Der Wirtschaft dieses Landes und ihrer Innovationskraft ist einiges zuzutrauen. Denn Erfinderinnen und Patentanmeldern, darunter übrigens ein erheblicher Anteil Zugewanderter, sind findig und clever. Doch langfristige Umbrüche und Investitionen brauchen weitsichtige Planung und genau deshalb politische Vorgaben. Wenn Politik – und dafür ist eine Regierung gewählt – die klimapolitisch gewünschte oder schlichtweg notwendige Richtung vorgibt, dann kalkuliert die Wirtschaft anders und richtet sich an diesen Rahmenbedingungen aus. Eine klare Ansage, wie beim FCKW-Verbot, eines stetig wachsenden CO2-Preises oder dem Ende des Verbrennungsmotors zu einem Zeitpunkt X würde bei den findigen Unternehmer*innen Investitionen in diese Richtung explosionsartig auslösen und erste vorsichtige Schritte verstärken. (Weniger findige reagieren mit beharrlicher Lobbyarbeit für den Status quo.) Die Investitionen voranzutreiben geschieht auch in der wohlüberlegten Risikobereitschaft, dass die neue Technik, dass das neue Know how langfristig weltweit nachgefragt sein werden, dass Unternehmer*innen darüber zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen usw. Fatal für die deutsche Wirtschaft und das Klima wirkt es sich dagegen aus, wenn Zukunftstechnologien wie die Windkraft (so seit 2017) durch Auflagen abgewürgt und Produktion und Know how ins Ausland getrieben werden. Solche sachfremden „Vorschriften“ kommen praktisch einem Verbot außerordentlich nahe. Vielleicht wäre ein Verbot sogar ehrlicher gewesen.
Was Unternehmer und Unternehmerinnen ignorieren sind Zielvorgaben für eine ferne Zukunft, denn Investitionen sollen sich mittelfristig lohnen. Kontraproduktiv sind auch unterschwellige Andeutungen, letztlich mit dem Klimaschutz doch nicht ernst zu machen. Ebenso verschrecken kleinteilige Vorschriften. Zaghaftigkeit verunsichert. Es braucht eine klare und maßvolle, aber durchaus fordernde Orientierung, wohin eine Gesellschaft sich hin entwickeln will. Dann können sich die Schleusen wirtschaftlicher Schaffenskraft öffnen. Das Wasser des Erfindungsreichtums, der Ingenieurskunst und der Innovationen fließt, um auf dem jetzt dürstenden Boden reiche Früchte zu ernten.
Annalena Baerbocks Aussage, Verbote seien Innovationstreiber, wurde oft kritisiert. Dr. Andreas Fisch eruiert differenziert wie politische Leitplanken wirken. Ist klimapolitisch nicht doch die CDU die Verbotspartei und die Grünen die Entfesselungspartei?