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The Conference House
Großer Zapfenstreich. Große Gefühle. – Wenigstens für einen Moment stehen diejenigen im Scheinwerferlicht, die sonst auf der dunklen Seite des Weltgeschehens ihr Leben riskieren, um das Leben anderer Menschen zu retten. Im Zoom der Kameras ein Oberstabsfeldwebel und eine Oberstabsärztin, beide über lange Zeit und mehrfach in Afghanistan im Einsatz, beide Augenzeugen, als ein Kamerad 2011 in einer Sprengfalle sein Leben verlor.
Für einen Moment ist es ungewöhnlich still in einem Land, das sich über Sinn und Zweck militärischer Operationen sonst gerne echauffiert, in den Arenen politischer Streitkultur ebenso wie in aufgeheizten Late Night Shows. Offensichtlich ist es einer wohlsaturierten Bevölkerung nur schwer zu vermitteln, dass es zur Abwendung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit im äußersten Fall auch zu militärischen Aktionen kommen kann.
Dabei stellt sich der Weltgemeinschaft die ethisch höchst sensible Frage, ob es möglich, legitim oder gar zwingend geboten ist, das Prinzip nationaler Souveränität unter Verweis auf die Höherrangigkeit der Menschenrechte außer Kraft zu setzen. Gibt es also eine moralische Pflicht der Schutzverantwortung, „responsibility to protect“? Man denke an den Völkermord in Ruanda, den Giftgaseinsatz des Assad-Regimes gegen die eigene Bevölkerung; die Massenverfolgung der Rohingyas in Myanmar...
Humanitäre Intervention vs. nationale Selbstbestimmung: eine Dilemmasituation von ungeheurer Tragweite, die weiterer sozialethischer Abwägung bedarf. Denn die von der UN-Charta (Art. 2.4) garantierten Normen der Souveränität und Nichteinmischung sollen es einem Staat ja gerade ermöglichen, seine Bürger vor Völkermord, massiven Menschenrechtsverstößen, Anarchie und anderen ernsten Gefahren für deren Überleben zu schützen. Sie bleiben zentral, sind aber nicht absolut. Doch wenn Regierungen ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte nicht nachkommen, verlieren sie ihre Legitimation. Doch darf militärisches Eingreifen zur Durchsetzung einer humanitären Intervention nur allerletztes Mittel sein und muss zwingend unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stehen, nachdem zuvor alle humanitären und diplomatischen Mittel ausgeschöpft sind.
Der Große Zapfenstreich: Dank für Soldaten und Soldatinnen im Dienst einer Weltgemeinschaft, der die Schutzverantwortung zur Abwendung humanitärer Katastrophen obliegt. Eine unbequeme Herausforderung, der sich unsere Zivilgesellschaft vielleicht erst noch stellen muss.
Peter Klasvogt
Mit einem Großen Zapfenstreich wurde dem Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr und der im Einsatz Gefallenen Soldat*innen gedacht. Um dieses Zeichen wurde breit diskutiert. Kommende Dortmund Direktor Prälat Dr. Peter Klasvogt stellt im Stand•PUNKT die Frage, ob es möglich, legitim oder gar zwingend geboten ist, das Prinzip nationaler Souveränität unter Verweis auf die Höherrangigkeit der Menschenrechte außer Kraft zu setzen. Gibt es eine moralische Pflicht der Schutzverantwortung, eine „responsibility to protect“?