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The Conference House
Die früheste urkundlich gesicherte Nachricht über die Brackeler Kommende stammt vom 24. Juni 1290. Zu den Zeiten des Deutschen Ritterordens gehörte der Kommende neben großem Landbesitz, Fischteichen und einer Mühle sogar eine Kohlengrube. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurde die Kommende stark zerstört, und erst nach der Übernahme durch die Familie Oberstadt im Jahre 1762 ging es wieder aufwärts. Fast 200 Jahre verblieb das Anwesen in Erbpacht. 1946 übertrug die Familie Oberstadt durch Schenkung das Ordenshaus mit seinen umliegenden Gärten dem Erzbistum Paderborn. Abstimmungen mit dem Landeskonservator verhinderten einen völligen Abriss der erheblich beschädigten Gebäude.
Umfangreiche Baumaßnahmen legten schließlich die Grundlage für das 1949 gegründete Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn. Heute ist die Kommende Bildungsstätte und wissenschaftliches Institut für die katholische Soziallehre.
Der Name des Sozialinstituts des Erzbistums Paderborn, St. Klemens Kommende Dortmund, erinnert an seine Vorgeschichte. Das Institut ist auf dem ehemaligen Gelände des Deutschen Ritterorden in Dortmund-Brackel beheimatet. Das Wort Kommende verweist auf das lateinische commendare, das in seiner Grundbedeutung soviel wie „anvertrauen“, „übergeben“ oder „empfehlen“ bedeutet. Mit dieser sozialen Assoziation kommt ein Anliegen zum Ausdruck, das vor über 800 Jahren zur Gründung des Deutschen Ritterordens führte.
Der Ritterorden ging aus einer Brüdergemeinschaft im Hochmittelalter hervor, dessen Ziel neben der Befreiung des Heiligen Landes und dem Kampf gegen die Heiden vor allem die Krankenpflege war. Papst Innozenz III. (1198-1216) erhob am 5. März 1198 die Kommunität der „Brüder des Deutschen Ordens St. Marien zu Jerusalem“ zum sogenannten Deutschen Ritterorden. Sieben Jahre zuvor war die Spitalgemeinschaft der Deutschen Ritter durch Klemens III. unter päpstlichen Schutz gestellt worden – der Name „Klemens“ begleitet seitdem den Orden. Er steht an der Wiege des Ordens.
Die Niederlassung in Brackel gehörte zur Ballei Westfalen. Die früheste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1290 zurück. In Deutschland gab es insgesamt zwölf Balleien mit meist zehn sogenannten Kommenden bzw. Komturen. Der Orden gewann im Mittelalter zunehmend an Bedeutung Innerhalb der Ballei Westfalen entwickelte sich die Brackeler Kommende durch den Kauf und Tausch von Ländereien in Brackel und Umgebung rasch. Bald erhielt der Deutschen Ritterorden das Patronat über die Brackeler St. Johannes-Kapelle verliehen, welche heute zusammen mit der Kommende den historischen Kern des Dortmunder Stadtteils Brackel bildet.
Der wirtschaftliche Erfolg der Ordensritter brachte die Kommende in Konkurrenz zum Reichshof in Brackel. Eine größere Schwierigkeit lag jedoch in der Verteilung der Ländereien der Kommende. Diese Besitzungen befanden sich sowohl auf dem Gebiet des Grafen zu Dortmund als auch auf dem der mächtigeren Grafschaft Mark. So ließ zwar der Komtur 1413 die Zugehörigkeit zur Grafschaft Dortmund beurkunden, faktisch musste er aber den Herrn der Mark, den Herzog von Kleve, als seinen Herrscher anerkennen.
Da auch die Kommende unter den dauernden Fehden der Fürsten in der beginnenden Neuzeit litt, wurde 1542 eine drei Meter hohe Bruchsteinmauer um das Ordenshaus errichtet, um sich gegen die häufigen Plünderungen durchziehender Heere zu schützen. Diese Mauer ist größtenteils noch vorhanden. Wirtschaftlich bedrohlich wurde für die Ordensritter der Abbau der seit der Gründung bestehenden Privilegien des Ordens (z. B. Steuer- bzw. Abgabenbefreiung) um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Die mächtigen Landesfürsten beschnitten immer stärker die Vorrechte des Ordens und forderten Leistungen in bisher nicht gekannter Höhe.
Die faktische Herrschaft der Herrn der Mark führte dazu, dass im Gegensatz zur zunächst „katholisch“ bleibenden Grafschaft Dortmund die liturgischen Neuerungen und die neue Lehre der Reformation vom amtierenden Pfarrer Arent Rupe (gest. 1608) auch an der Brackeler Kirche eingeführt wurde. Rupe teilte um 1554 erstmals das Abendmahl in beiderlei Gestalt aus und wurde einer der Vorreiter des neuen Glaubens in Dortmund. Der gewaltsame Versuch im Jahre 1584, den katholischen Glauben wieder einzuführen, scheiterte an der Standfestigkeit der neuen Lehre. Dennoch suchte der Orden nach dem Tod Rupes die Gunst der Stunde zu nutzen und seine Stelle mit einem Katholiken zu besetzen. Die Komture von Brackel, Otmarsen und Mülheim an der Möhne einigten sich endlich, einen katholischen Kaplan und einen evangelischen Prediger ein zu setzen. Angesichts der konfessionsbedingten Konkurrenz sollte so ein friedensstiftender Ausgleich erzielt werden. Die Vorrangstellung des Ordens war damit verloren.
Die sich ausbreitende Dekadenz höfischen Lebens erfasste auch die Ordensritter. Aus dem Orden wurde eine lose Verbindung von Adeligen, die dem Orden nur beitraten, um aus den ihnen verliehenen Ordensgütern persönlichen Nutzen zu ziehen, ohne je die alten Gelübde abzulegen oder sie ernst zu nehmen. Höfische Kleidung ersetzte das Ordensgewand. Viele Komture sahen sich nicht mehr als geistliche Herren, sondern als Verwalter von Pfründen. Die stetig kleiner werdende Mitgliederzahl führte schließlich zur Zusammenlegung mehrerer Kommenden unter einer Leitung. Der wirtschaftliche Niedergang ließ sich nicht mehr aufhalten.
Die heruntergekommene Brackeler Kommende pachtete 1762 Franz Wilhelm Oberstadt für zunächst 12 Jahre. Durch geschicktes Wirtschaften gelang es ihm, die Schulden abzutragen und die Gebäude zu renovieren. Nach Ablauf des Pachtvertrags erhielt die Familie Oberstadt die Brackeler Kommende in Erbpacht mit der Verpflichtung, für die verstorbenen Ordensritter Messen zu lesen. Oberstadt sorgte schon 1762 dafür, dass die Hl. Messe wieder im Oratorium der Kommende gelesen wurde. In den Jahren zuvor mussten die Ordensritter zur Feier des Gottesdienstes in den Chorraum der Brackeler Kirche, den sie sich mit den evangelischen Christen teilten.
1809 löste Napoleon den Deutschen Ritterorden und damit auch die Brackeler Kommende auf. Der Besitz fiel zunächst an den Großherzog von Berg und 1815 an Preußen. Die Familie Oberstadt behielt während dieser Zeit die Pacht und kauft 1821 die Güter der Kommende.
Der letzte männliche Erbe der Familie Oberstadt, Regierungs- und Kulturrat Dr. Walter Oberstadt, verstarb 1944. Die Kommende und ihre Gärten sollten, so sein Wunsch, dem Erzbistum Paderborn für die soziale Arbeit geschenkt werden. Oberstadt wollte verhindern, dass der Besitz in die Hände der SA oder anderen politischen Organisationen des Nationalsozialismus fiel. Seine Frau vollzog diesen Willen 1946. Per Schenkungsvertrag wurde das Erzbistum Paderborn Eigentümer der Kommende.
Lorenz Kardinal Jäger, Erzbischof von Paderborn, weihte 1949 das neue Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn in den ehemaligen und renovierten Räumen der alten Kommende in Dortmund-Brackel ein. Seit dieser Zeit ist die Kommende eine vielbesuchte Einrichtung der Erwachsenenbildung. Ihr besonderes Profil ist die sowohl wissenschaftliche als auch praktische Auseinandersetzung mit der Politik und der Arbeitswelt. In dieser Arbeit finden sie und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Beachtung über die Grenzen des Erzbistums Paderborn hinaus. Ein wichtiges Kriterium der Arbeit bleibt dabei, den vielen Gästen aus den unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft ein vertrauenswürdiger Ort zu sein – eine Kommende in der ursprünglichen lateinischen Bedeutung dieses Wortes.