Preisträgerin 2022 & Sonderpreis

Preis für Unternehmerinnen und Unternehmer
2022 "erfolgreich nachhaltig" 

Preisträger: Bernd Münstermann GmbH, Telgte

Laudatio von Staatssekretär Christoph Dammermann, Jury-Mitglied:

Zum Erhalt eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems ist eine nachhaltige Transformation erforderlich. Je früher Unternehmen sich dieser Herausforderung annehmen, desto größer sind ihre aktiven Gestaltungsmöglichkeiten. Dass unternehmerischer Erfolg ganz eng mit einer verantwortungsbewussten Unternehmenskultur einhergeht, zeigt unsere heutige Preisträgerin des Unternehmerpreises „Erfolgreich nachhaltig 2022“: Die Bernd Münstermann GmbH & Co. KG.

Als inhabergeführtes Familienunternehmen in 6. Generation vereinen sich bei Ihnen traditionsbewusste Werte mit einer zukunftsorientierten Unternehmenskultur. 1978 von Bernd Münstermann mit nur drei Mitarbeitern übernommen, wuchs Ihre Firma zu einem international tätigen Unternehmen mit gut 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Kernkompetenz der Münstermann GmbH ist die Konstruktion und Fertigung von Sonderanlagen für individuelle Problemlösungen für die Industrie. Der besondere Erfolg liegt in der Verbindung modernster Technologien und Produktionsmethoden mit traditionell, handwerklichen Verfahrensweisen UND gesellschaftlichem Engagement.

Die Firma Münstermann ist in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit engagiert. Die Entwicklung ressourcensparender Produktionsverfahren, flexible Lebensarbeitszeitkonten, betriebliches Gesundheitsmanagement, Forschungskooperationen mit Hochschulen, die Durchführung eines Energie-Audits - so könnte ich noch viele weitere Aspekte der nachhaltigen Unternehmensführung aufzählen. Frau Münstermann betont, dass „Wertschöpfung durch Wertschätzung!“ am besten gelingt.

Aber noch etwas Anderes treibt sie an: Sie sieht ihre gesellschaftliche Verantwortung auch in ihrem lokalen Umfeld. Die Stärkung der Chancengerechtigkeit, die Integration von Geflüchteten, der Fachkräftemangel, vernachlässigte MINT-Fächer – all das hat Magdalena Münstermann bewogen, gemeinsam mit anderen Unternehmen aus Telgte ein Netzwerk zwischen Schule und Wirtschaft aufzubauen. Inzwischen ist es überregional bekannt und vielfach als „Telgter Modell“ ausgezeichnet. Das Netzwerk bietet Schülerinnen und Schülern frühzeitig Einblicke in verschiedenste Berufe und stärkt Kontakte zu Telgter Betrieben, bevor die Berufswahl getroffen werden muss. Durch die Vernetzung von Theorie und Praxis erkennen die Kinder und Jugendlichen einerseits den praktischen Nutzen vieler Unterrichtsinhalte, gleichzeitig lernen sie eine Vielzahl unterschiedlicher Berufe kennen. Lehreinnen und Lehrer nutzen dazu niedrigschwellige Angebote in der Grundschule bis hin zu wissenschaftlichen Ansätzen in der Oberstufe. Viele Betriebe haben auf diese Weise bereits gute Azubis gewinnen können, die sie sonst auf den klassischen Wegen vielleicht nicht erreicht oder zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen hätten. Heute sind alle weiterführenden Schulen und Grundschulen sowie über 100 Unternehmen vor Ort aktive Kooperationspartner. Als „Exportschlager“ ist das Telgter Modell ein mehrfach prämiertes Vorbild.

Auch in der betrieblichen Ausbildung – Münstermann hat eine stetige Azubiquote von rund zehn Prozent – setzt das Unternehmen vieles daran, qualifizierte Fachkräfte zu entwickeln, zu fördern und zu binden. Magdalena Münstermann sagt: „Unser Ziel ist es, die Stärken jedes Einzelnen zu finden, weiter zu entwickeln und das faire Miteinander und die gegenseitige Akzeptanz der Mitarbeiter untereinander zu unterstützen“. Aus diesem Grund gibt es ein jährliches gemeinsames Azubiprojekt aller Ausbildungsgänge – hier sind schon fernsteuer-bare Pizzaöfen und Fahrräder für 20 Personen entstanden. Dabei wird die Kompetenz einer angehenden Metallbauerin wie auch eines zukünftigen Produktdesigners und der Kauffrau gleichermaßen benötigt – die gegenseitige Wertschätzung steigt.

Da als international tätiges Unternehmen der Unternehmensleitung die Bedeutung interkultureller Kompetenz bewusst ist, erhalten alle Auszubildenden die Möglichkeit, im Ausland in Partnerunternehmen mitzuarbeiten. Eine solche Erfahrung stärkt nicht nur die Persönlichkeitsbildung, die Fremdsprachenkenntnis und die Bindung ans Unternehmen, sie fördert auch wesentlich den gegenseitigen Respekt zu Kolleginnen und Kollegen anderer Herkunft. Gerade jetzt, da viele der neuen Mitarbeitenden aus anderen Kulturen stammen, ist die gegenseitige Wertschätzung ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmenserfolgs. Schon früh hat die Familie Münstermann erkannt, dass nachhaltige Unternehmensführung zum Erfolg führt.

Um diesen Weg auch dauerhaft weiter zu verfolgen, wurde die Stelle einer Beauftragten für Corporate Social Responsibility geschaffen. Das CSR-Leitbild wird aktualisiert, besonders wichtig ist es der Unternehmensführung, die ganze Belegschaft mitzunehmen und aktiv einzubeziehen. „Erfolgreich Nachhaltig“- das geht nur gemeinsam! Um es mit den Worten von Frau Münstermann zu sagen: „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Arbeit als ein wesentliches Stück von Lebensqualität wahrzunehmen und Freude daran zu haben, das möchten wir ermöglichen. Wir setzen auf Zuverlässigkeit, Vertrauen, Zutrauen, Verbindlichkeit. Viele unserer Kunden belohnen es uns mit ihren Aufträgen.“

In diesem Sinne, liebe Frau Münstermann, gratuliere ich Ihnen herzlich zu Ihrer mehr als verdienten Auszeichnung. Machen Sie weiter so, seien Sie Vorbild für andere Unternehmen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus.

Sonderpreis „Einzelunternehmer“ 2022: Steinbildhauerei Vincent, Wetter

Erstmals wurde ein Sonderpreis „Einzelunternehmer“ verliehen.

 

Laudatio von Dr. Marc-Oliver Pahl, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung in Berlin und Kundschafter:

Das Thema Nachhaltigkeit ist auch im Unternehmertum angekommen, im Raum Dortmund noch mehr als anderswo. Es gehört zu den besonders schönen Aufgaben als RNE-Generalsekretärs, Menschen öffentlich zu ehren, die sich in besonderem Maße für Nachhaltigkeit engagieren. Insbesondere freue ich mich, diese Ehrung zu begleiten, da u.a. der Rat für Nachhaltige Entwicklung Herrn Vincent für den Preis vorgeschlagen habe

Erst der zweite Sonderpreis überhaupt, sogar der erste, der an einen Einzelunternehmer verliehen wird – das macht diese Ehrung auch für mich besonders. Drei Handlungsfelder sind relevant:

  1. Wirtschaftlichkeit (u.a. Engagement für Transparenz),
  2. Soziales (u.a. Partnerschaften mit öffentlichen Institutionen),
  3. Ökologie (u.a. rohstoffschonende Produktion);

Für die Teilnahme war Engagement in einem der Handlungsfelder gefordert. Die Jury bestätigt Herrn Vincent deutliche Übereinstimmung in allen Bereichen – ganz im Sinne des breiten Verständnisses der Nachhaltigkeit. Herr Vincent wurde von vier Kundschafter*innen in 3 Ausschreibungen vorgeschlagen – auch das ist Rekord!

Erst vor wenigen Tagen zeigte Studie eines Kölner Forschungsinstituts einmal mehr, dass strategische Verankerung von Nachhaltigkeit und konsequentes Handeln im Sinne der gesetzten Strategie positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Forscher*innen gehen davon aus, dass zwischen 18 und 29 Prozent des Geschäftsergebnisses großer, börsennotierter Unternehmen auf Nachhaltigkeitsperformance zurückzuführen ist. Herr Vincent steht als Person wie kaum jemand anders für die Verbindung von verantwortungsvollem und erfolgreichem unternehmerischem Handeln – ganz ohne Shareholder-Value-Denken. Er setzt sich direkt im Unternehmen für Mensch und Natur ein, indem er

  • sich nicht allein auf gut klingende Zertifikate verlässt, sondern Materialien vor Ort bezieht und persönliche Beziehungen zu Hersteller*innen aufbaut,
  • Grabsteine recycled und damit nicht nur Ressourcen schont, sondern unserer Kultur des gemeinsamen Erinnerns, Trauerns und Glaubens einen Weg in die Zukunft ebnet.
  • sein handwerkliches Können und seinen ethischen Anspruch an die eigene Arbeit an junge Menschen weitergibt,
  • Timothy Vincent macht nicht Halt im eigenen Unternehmen, er engagiert sich zudem vielfältig für Nachhaltige Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft:
  • er ist Mitgründer des Vereins „Handwerk mit Verantwortung“, hilft damit anderen Kleinstbetrieben nachhaltig zu wirtschaften, denkt Themen vor,
  • er war Mitglied des Expert*innen-Kreises im Projekt „Nachhaltigkeit in Handwerksbetrieben stärken!“ (gefördert vom BMBF), in dieser Runde mitgeholfen, Handwerksbetriebe zur Nachhaltigkeitsbericht-erstattung mit dem DNK zu befähigen,
  • nicht zuletzt macht er als Künstler mit Stelen auf das Thema Menschenrechte in der Gesellschaft vor Ort aufmerksam.

Viele Unternehmen treiben neue Transparenzregelungen in Deutschland und der EU um. Berichtspflichten zur eigenen Nachhaltigkeitsleistung, zur Achtung von Menschenrechten und Umweltbelangen in der Lieferkette sowie zur Corporate Governance verlangen, dass Unternehmen neue Prozesse und Erhebungsmethoden aufsetzen. Viele Unternehmen müssen sich mehr als nur ein Stück aus ihrer „Komfortzone“ bewegen, um mit Anforderungen des Gesetzgebers, von Auftraggeber*innen und Verbraucher*innen im Kontext Nachhaltigkeit Schritt halten zu können. Vincent hat nicht abgewartet, bis Markt oder Staat ihn zwingen, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Vincent ist Nachhaltigkeitspionier aus Überzeugung. Timothy Vincent ist durch sein Handeln Vorbild für viele. Das bestätigt auch die Jury und verleiht dafür den Sonderpreis „Einzelunternehmen“.

Lieber Herr Vincent, ich freue mich sehr für Sie und hoffe, dass Ihr gutes Beispiel Handwerksbetrieben in ganz Deutschland und darüber hinaus Ansporn für mehr Nachhaltigkeit im eigenen Handeln sein wird!