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The Conference House
In einigen Bundesländern haben sie bereits begonnen: Die Sommerferien. Wohin man auch blickt, sieht man zahlreiche Kinder mit Eis, Familien auf den Plätzen und eine entspannte Atmosphäre beim Plätschern der Marktbrunnen. Aber nicht nur hierzulande, sondern in vielen Städten der Welt sind die Cafés und Restaurants gefüllt mit Gästen aus aller Welt. Es ist Zeit, endlich auszuspannen und die beruflichen, politischen oder gesellschaftlichen Sorgen einfach mal hinter sich zu lassen. Wer kann es einem bei all den Nachrichten und Problemen daher krumnehmen, die Koffer zu packen und wegzufahren? Urlaub, ja und?
Einige Städte in Deutschland verbieten auf der anderen Seite bereits Kurzzeitvermietung von Ferienwohnungen aufgrund vorherrschender Wohnungsnot. Auch Venedig will bis 2025 dauerhafte Tickets für den Besuch der Stadt einführen, um die Touristenströme in der Stadt koordiniert unter Kontrolle zu halten. Sightseeing ist aufgrund der Dichte an Smartphone-Displays im Kampf um das beste Bild kaum mehr unkontrolliert möglich. Und wer aktuell in die Nachrichten schaut, liest in den spanischen Boulevardblättern Schlagzeilen wie „Los españoles ahuyentan a los turistas con agua“ (übers.: Spanier verjagen Touristen mit Wasser). Die Hauptstadt Spaniens erlebt derzeit einen Tourismusboom und auch in Deutschland berichten die Medien vom „Massentourismus in Barcelona.“ Die Mieten steigen, die Stadt ist überfüllt, der Bürgermeister setzt sich gegen Kurzzeitvermietung ein, die Bevölkerung protestiert lautstark und direkt. Ein Problem, nicht nur in Barcelona. Dabei bringen die Touristen aus zahlreichen Ländern der Erde Geld in die Stadt und fördern so die Wirtschaft, was letztlich zur Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards führen sollte. Urlaub, ja und!
Die Wünsche und Ansprüche von Urlaubern haben sich gewandelt. Zahlreiche Anbieter reagieren auf die neuen Ansprüche: Menschen reisen teils anspruchsvoller, individueller und erlebnisorientierter. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Reisen nach wie vor auch ein gesellschaftliches Luxusgut und noch immer keine Selbstverständlichkeit ist. Menschen scheinen insgesamt kürzer, dafür aber häufiger zu reisen. Ethische Fragen bzgl. Tourismus und Urlaub beinhalten vornehmlich die klassischen Themen der Nachhaltigkeit oder des Umweltschutzes. Weniger hingegen fallen Themen wie die Gastkultur in einem fremden Land, interkulturelle Auseinandersetzung und Bildung oder ein Blick auf die gesellschaftlichen und politischen Belange vor Ort u.a. ins Gewicht. Urlaub ist wichtig und reisen ist schön! Man tut sich jedoch gut daran, die unterschiedlichen Positionen in dieser teils hitzigen Debatte nicht gegeneinander auszuspielen, sondern vielmehr kreative und für beide Seiten zukunftsfähige Modelle des Tourismus vor Ort zu finden und zu entwickeln, weil man gegenseitig aufeinander angewiesen ist. Vielleicht lohnt es sich bei der ein oder anderen Reise, auch seltener besuchte Orte auszuwählen, unbekanntere Regionen zu fördern, sich bewusst Zeit für eine neue Kultur zu nehmen und sich als Gast in einer fremden Region auch interessiert und dankbar zu zeigen. Ich reise gerne und genieße diese Vielfalt. Und es wäre bedauerlich, wenn sich die Fronten selbst an den Orten verhärten, wo eine entspannte Atmosphäre Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen will.
Für eine Versöhnung der unterschiedlichen Perspektiven in der aktuellen Tourismus-Debatte, wirbt Hannes Groß in seinem Stand•PUNKT.