Tagungshaus
Das umstrittene europäische Lieferkettengesetz kommt nun doch – auch, wenn man in Deutschland nach der eigenen Enthaltung nicht mehr unbedingt damit gerechnet hatte. Das Gesetz zielt darauf ab, gegen Kinderarbeit, Umweltverstöße und Lohndumping vorzugehen und dabei die gesamte Lieferkette transparent zu machen. Jede Produktionsebene, jeder Lieferant und jedes Subunternehmen sollen hierbei individuell unter die Lupe genommen werden.
Die Ambitionen sind hoch: Als Baustein für eine gerechtere und nachhaltigere globale Wirtschaft wird das Gesetz hoch gehandelt. Ein Gesetz, das unsaubere Lieferketten transparent machen möchte – und das auf globaler Ebene – kommt wie gerufen. Doch so hoch die Ambitionen auch sind – für Gesetze mit globaler Perspektive braucht es Reichweite und Durchsetzungsvermögen.
Bereits hier scheitert es an den ehrgeizig gesteckten Zielen und verliert dadurch auf globaler Ebene an Glaubwürdigkeit: So gilt das Gesetz etwa nur für Unternehmen mit einem Umsatz von über 450 Millionen EUR und mehr als 1000 Angestellten. Das betrifft im relevanten Bereich der Textilindustrie in Deutschland keine 30 Unternehmen.
Zudem brauchen umfassende Veränderungen an der Lieferkette Zeit und Anstrengung. Die globale Wirtschaft ist flexibel. Was hilft es, wenn zwar ein gut gemeintes Gesetz dafür sorgt, dass große europäische Unternehmen ihre Lieferanten wechseln müssen, der Lieferant im globalen Süden allerdings wirtschaften muss und dann außereuropäische Großkonzerne mit weit weniger Ertrag beliefert. Für die Arbeitsbedingungen vor Ort heißt das nichts Gutes! Viel eher wären Audits vor Ort notwendig, die in festen Abständen die Situation in den Blick nehmen und kontinuierlich an Verbesserungen der Arbeitsbedingungen arbeiten.
Für Kund:innen aus der EU scheint vieles besser – ein erster Schritt für eine bessere Welt scheint getan. Legislative Verbesserungen im Bereich der globalen Wertschöpfung verlangen nach einem hohen Maß an Reichweite und Weitsicht. So bleibt es vorerst abzuwarten, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt. Die Ausweitung auf kleinere Betriebe ist zumindest für die Zukunft angedacht.
Globale Lieferketten sind komplex. Dass hier das neue europäische Gesetz an vielen Stellen wichtige Punkte übersieht, kommentiert Julian Beck in seinem Stand•PUNKT.
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