Tagungshaus
Sie sind selten ästhetisch, oft auch unpraktisch. Doch in letzter Zeit sieht man sie immer häufiger, an Bushaltestellen, auf Bahnsteigen, in Parks: Holzbänke mit Armlehnen in der Mitte. Teilweise erinnern die Konstruktionen mit Metallstäben oder gewellten Sitzen an ein verunglücktes Kunstobjekt. Einladend wirken sie nicht; das soll auch so sein. Ihr Ziel: Die Verdrängung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen aus dem öffentlichen Raum.
„Defensive Architektur“ nennt sich diese Form der Gestaltung, auch „feindlich“ oder „Anti-Obdachlosen-Architektur“ genannt. Auf Obdachlose, Arme, Drogenabhängige oder andere als „störend“ empfundene Gruppen soll das Design abschreckend wirken. Das funktioniert auch: Nicht nur die Armlehnen auf Holzbänken machen es unmöglich, sich hinzulegen. Bolzen auf Mauern oder Treppenstufen halten ebenso davon ab.
Das führt zu der Frage: Wem gehört der öffentliche Raum? Wer hat ein Recht darauf, ihn zu benutzen? Nur die, die sich angemessen kleiden, wohlriechend sind und für die das Sitzen auf Parkbänken angenehme Freizeitgestaltung ist? Oder nicht vielmehr auch jene, die kein gemütliches Zuhause haben und auf öffentliche Architektur angewiesen sind?
Fakt ist: Probleme löst die defensive Architektur nicht. Im Gegenteil: Die sowieso schon vulnerablen Gruppen werden zusätzlich gefährdet. Sie haben keine Möglichkeit mehr, sich auszuruhen und die verbleibenden wenigen Ruhe-Orte sind hart umkämpft. Defensive Architektur hat die Botschaft „Geh einfach weiter!“ Damit pervertiert sie den Sinn und das Ziel von Architektur: dass Menschen sich bequem, glücklich und sicher fühlen. Sie pervertiert auch den Sinn des öffentlichen Raums, indem sie ihn zu einem elitären Raum werden lässt. Wagen wir gegen die defensive Architektur eine Offensive der Menschlichkeit, so dass auch Randgruppen sich als sichtbarer Teil unserer Gesellschaft willkommen fühlen können! Denn: Der öffentliche Raum gehört allen. Ob es uns gefällt oder nicht.
Sie sind selten ästhetisch, oft auch unpraktisch. Ihr Ziel: Die Verdrängung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen aus dem öffentlichen Raum. Claudia Schwarz plädiert in ihrem Stand•PUNKT für mehr Menschlichkeit in öffentlichen Räumen.
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