Tagungshaus
Verhärtete Fronten: Bauern demonstrieren in langen Konvois von Traktoren. Anlass sind ihre existentiellen Sorgen durch die Verschärfung der Düngemittelverordnung zum Schutz des Grundwassers. Die Landwirt*innen, zwar „systemrelevant“, aber faktisch eine Minderheit in unserer Gesellschaft, fühlen sich übersehen, sehen ihre Sorgen missachtet. Auf der anderen Seite Unterschriftenaktionen gegen das ökologisch ebenso existentielle Insektensterben und den Verlust der Biodiversität. Hauptschuldiger: die Landwirtschaft.
Bemerkenswert ist in dieser Situation ein offener Brief der niedersächsischen Bischöfe aus Osnabrück, Hildesheim und Vechta von Anfang Juli an die Landwirt*innen und ihre Verbände. Niedersachsen ist das deutsche Agrarland Nummer 1 – mit allen ökologischen Schattenseiten der konventionellen Agrarindustrie. In ihrem Schreiben zeigen sich die Bischöfe solidarisch mit der Landwirtschaft, betonen aber - diplomatisch vorsichtig - gleichzeitig die Herausforderung der Bewahrung der Schöpfung. Sie nehmen die soziale und ökologische Situation zugleich in den Blick und laden zum Dialog ein. Ein wichtiger Brückenschlag, um zukunftsorientiert aus der Sackgasse herauszufinden.
Der Brief der niedersächsischen Bischöfe ist ein lobenswertes Beispiel, wie die Kirchen ihren gesellschaftlichen Auftrag verstehen. „Die Kirchen wollen nicht selbst Politik machen, sondern wollen Politik möglich machen“, beschreiben die katholische und evangelische Kirche in Deutschland in ihrem Gemeinsamen Wort zur Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit von 1997 ihre Rolle im politischen Prozess. Hintergrund dieser Positionierung waren die Erfahrungen eines breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozesses der Kirchen Mitte der 90er Jahre zu den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Krisen. Gemeint war damit ihr gesellschaftlicher Auftrag, durch Bewusstseinsbildung, gemeinsames (!) Lernen und Dialog, einen Grundkonsens in der Bevölkerung über notwendige politische Reformen zu ermöglichen.
Solche Meinungsbildung soll der Politik Spielräume ermöglichen, ihre politische Verantwortung jenseits des „Egoismus von Großgruppen“ wahrnehmen zu können. Die Haltung der Kirchen ist also zugleich der Respekt vor der Zuständigkeit der Politik, demokratischer Verfahren und Kultur. Und wer ist denn geeigneter, wenn nicht die Kirchen, in den gegenwärtigen Blockaden der (Partei-) Interessen und Ideologien zu vermitteln? Gerade auch, um durch den gemeinsamen Dialog den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erhalten.
Detlef Herbers
Verhärtete Fronten: Auf der einen Seite die Landwirt*innen, zwar „systemrelevant“, aber faktisch eine Minderheit in unserer Gesellschaft, die sich übersehen fühlen und ihre Sorgen missachtet sehen. Auf der anderen Seite Unterschriftenaktionen gegen das ökologisch ebenso existentielle Insektensterben und den Verlust der Biodiversität. Hauptschuldiger: die Landwirtschaft.
Bemerkenswert ist in dieser Situation ein offener Brief der niedersächsischen Bischöfe an die Landwirt*innen und ihre Verbände - ein lobenswertes Beispiel, wie die Kirchen ihren gesellschaftlichen Auftrag verstehen.
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