12.11.2020

„Die lieben ihre Kinder nicht“

„Die lieben ihre Kinder nicht.“ Eine überraschende Antwort des bekannten Wetterexperten Sven Plöger. Gefragt wurde er im Interview, was er über die denkt, die den Klimawandel leugnen oder als drängende politische Herausforderung ignorieren. Das knappe polemische Diktum Plögers bringt zutreffend auf den Punkt, wie dramatisch wenig Zeit für einen erfolgreichen Klimaschutz bleibt. „Wenn man jetzt einen Kohleausstieg für 2038 beschließt, ist das auch viel zu spät“, so Plöger.

In der umweltethischen Debatte hat sich für die Sorge um die Lebensgrundlagen der nachwachsenden Generationen der Begriff der „Enkeltauglichkeit“ etabliert. Ein sympathisches Wort, ein eingängiges Prüfkriterium der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Entscheidungen. Leider suggeriert es durch den Verweis auf die Enkel: Es ist noch ein wenig Zeit. Die aktuellen physikalischen Befunde zu den ökologischen Veränderungen sprechen eine andere Sprache. In der - verständlichen - medialen Dominanz der Corona-Krise gehen sie unter.

Zum Beispiel die dramatische Eisschmelze in der Arktis: „Wir konnten dem Schmelzen des Eises zusehen“, berichteten die Forscher der Polarstern als sie im Oktober 2020 nach einem Jahr aus dem Eismeer zurückkehrten. Zuvor wurden im August 2020 Studien zur beschleunigten Eisschmelze auf Grönland in den nächsten Jahrzehnten veröffentlicht - ein Vorgang, der kaum noch zu stoppen sei. Wenn das Grönlandeis wie befürchtet in den nächsten Jahrzehnten komplett schmilzt, steigt der Meeresspiegel um sechs Meter. 1,2 Milliarden Menschen leben in den betroffenen küstennahen Regionen. Wohin sollen sie ausweichen, wohin flüchten?

Klimaschutz hat keine Zeit mehr, doch konservative Politik bremst ihn immer wieder aus. Die Bewahrung der Schöpfung, der Erhalt der physikalischen Lebensgrundlagen der gegenwärtigen Erdsysteme braucht schnelles Handeln. Aus Liebe nicht nur zu unseren Kindern.

Detlef Herbers