Tagungshaus
Mit dem Gewaltmonopol des Staates geht eine hohe Verantwortung einher: Behörden haben das Recht, existenzielle Entscheidungen für andere Menschen zu treffen bis hin dazu, Bürger*innen zu inhaftieren. Deshalb muss die Bevölkerung Polizei und Verwaltung vertrauen können. Gerade deswegen wird von den Beamt*innen eine besondere Loyalität zu Rechtsstaat, Demokratie und Menschenrechten gefordert.
Schockierende Ereignisse in Genua (Italien) 2001 erinnern daran, wie plötzlich die rechtsextreme Haltung in einigen Ordnungsbehörden für die Bevölkerung gefährlich werden kann. Was ist vor bald 20 Jahren geschehen? 300 Polizist*innen stürmen am 22. Juli 2001 die Diaz-Schule. Dort halten sich globalisierungskritische Protestierende auf. Jugendliche werden niedergeknüppelt, Presseleuten Rippen gebrochen, noch im Schlafsack Liegende blutig geprügelt, die Abgeführten im Gefängnis gedemütigt und gezwungen faschistische Lieder Mussolinis zu singen. Erst nach 11 Jahren kommen die darauf folgenden Gerichtsprozesse zum Abschluss.
„DIAZ. Don‘t Clean Up This Blood!“ Ein Film dieses Titels zeigt die Ereignisse des G8-Gipfels getreu den Prozessakten. Ein warnendes Beispiel, dass bei einer giftigen Mischung aus Propaganda, Provokation und Populismus nicht einmal das Europa des 21. Jahrhunderts vor Gräueltaten nah am Staatsterrorismus gefeit ist.
Diese Verhältnisse herrschen in Deutschland derzeit nicht. Doch immer wieder werden Fälle der Verbreitung von menschenverachtendem oder sogar rechtsextremistischem Gedankengut bei Verfassungsschutz, Polizei und Verwaltung bekannt. Solche Fälle müssen unabhängig und penibel untersucht werden. Menschen mit einer grundgesetzfeindlichen Ideologie müssen von hoheitlichen Aufgaben ferngehalten werden - zum Schutz von Bürger*innen genauso wie von Untergebenen, die ihren Vorgesetzten vertrauen. Deshalb muss zu beider Schutz mit einer Studie untersucht werden, inwieweit sich Personen mit rassistischer Ideologie dort befinden und ob Strukturen von Polizei und Verfassungsschutz Extremismus und Verfassungsfeindlichkeit vertuschen. Auch eine unabhängige Beschwerdestelle ist hilfreich. Nicht Misstrauen soll hier die Feder führen, sondern der Respekt vor der hoheitlichen Aufgabe muss hier leiten. Auch, um sich frühzeitig als wehrhaft zu beweisen, Herr Minister Seehofer!
Dr. Andreas Fisch
Die Debatte um eine Studie zu Rechtsextremismus in der Polizei wird kontrovers diskutiert. Dr. Andreas Fisch erinnert daran, dass schon das staatliche Gewaltmonopol und die existenzielle Bedeutung hoheitlicher Aufgaben eine besondere Treue zum Grundgesetz erfordern und ruft eine schockierende Erfahrung vom G8-Gipfel in Genua in Erinnerung, die aufzeigt, was passieren kann, wenn Polizisten menschenverachtend agieren.
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