06.01.2022

Energiewende – eine Frage der Gerechtigkeit!

Aktuell wird in der EU diskutiert, ob Atomstrom und Erdgas laut EU-Taxonomie als grüne Energien gelten sollen. Mit der Taxonomie will die Europäische Union Investitionen für ein klimaneutrales Europa bis 2050 fördern. Die Taxonomie – eine Art grünes Finanzmarkt-Label – kann eine Wende an den Kapitalmärkten in Richtung Nachhaltigkeit einleiten und entscheidend dazu beitragen, wie die Energiewende in den nächsten Jahrzehnten aussehen wird.

Doch nun sollen klimaschädliches Erdgas und nukleare Energie innerhalb der Taxonomie als klimafreundlich eingestuft werden, mit der Folge, dass Banken und Investoren Milliarden in diese Technologien investieren, die in einer klima- und umweltgerechten Welt keine Zukunft haben. Diese Entscheidung konterkariert gleichzeitig zukunftsträchtige Investitionen in z. B. Sonnenenergie und Windkraft.

Es ist nicht nur eine technische und ökonomische Frage, wie die Zukunft der Energieversorgung zu gestalten ist, sondern aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Energieversorgung und gesellschaftlichen Strukturen insbesondere eine politische und ethische Frage. In dieser ethischen Frage scheint die EU gerade zu versagen: Die mit Kernkraft und Erdgas erzeugte Energie soll den Übergang zu einer Zukunft mit erneuerbaren Energien sicherstellen. Doch mit den nun vorgelegten EU-Kriterien kann dieser Übergang Jahrzehnte dauern. Diese weitere Verzögerung der Energiewende hat schwerwiegende Folgen für zukünftige Generationen in der EU, aber vor allem für Länder, die bereits heute die Folgen des Klimawandels enorm zu spüren bekommen.

Mit der Taxonomie könnten die EU-Mitgliedsstaaten ein Zeichen der Verantwortung für die Folgen von jahrzehntelangem politischem Versagen in der Energiepolitik setzen. Anstatt eine Entscheidung zugunsten eines kurzfristigen Nutzens zu Lasten vieler künftiger Generationen zu treffen, könnten sie den Mut zeigen, nicht nur von Klimaschutz zu reden, sondern Klimaschutz mit Hilfe einer nachhaltigen und generationengerechten Energiewende umzusetzen!

Am 12. Januar wird die Taxonomie verabschiedet. Dass Atomkraft und Erdgas noch aus der Taxonomie herausfallen ist sehr unwahrscheinlich – 20 der 27 Mitglieder müssten dagegen stimmen.

Charlotte Bachmair