Tagungshaus
Durch den Ukrainekrieg ist die Versorgung Deutschlands mit Energieträgern in Frage gestellt. Eine zweite Bedrohung, die noch mehr Menschenleben gefährdet und zukünftig für große Krisen sorgen könnte, ist die Verknappung des Angebotes von Getreide.
Russland hat einen 19,6%igen und die Ukraine einen 8,5%igen Anteil an den weltweiten Weizenexporten, zusammen 19% der Maisexporte und darüber hinaus große Weltmarktanteile für weitere Getreidesorten.[1] Die ca. 18 Millionen Tonnen Weizen, welche die Ukraine exportiert, fallen fast komplett weg in diesem Jahr. Der Krieg hat schon jetzt zu einem ca. 30% höheren Preis für Weizen auf dem Weltmarkt geführt.[2] Zukünftige Entwicklungen? Hängen von der Entwicklung des Krieges ab.
Weizen als geopolitisches Machtmittel mit Hunger und Toten zur Folge? Das ist tatsächlich nicht neu, in Europa haben wir das nur nicht gemerkt. Denn der ukrainische und russische Weizen wird vor allem in die Länder Nordafrikas und Asiens exportiert. Darunter fallen z.B. auch der Libanon, der 95% seines Weizens aus der Schwarzmeerregion bezieht, und das Bürgerkriegsland Jemen, deren Bevölkerung permanent mit dramatischem Hunger zu kämpfen hat. 50% des Getreides, das die UN durch ihr Welternährungsprogramm (WFP) für 125 Millionen Menschen kauft, werden bei der Ukraine gekauft. Es ist ein doppelter Schlag: Die Lebensmittelpreise steigen und es gibt geringere Weizenexporte. Offen ist auch, wie sich Sanktionen gegen Russland, den größten Weizenexporteur der Welt, zukünftig weiter auswirken. „Gerade, wenn man denkt, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, wird es noch schlimmer“, so David Beasley, Direktor WFP.[3] Weitere humanitäre Vollkatastrophen werden nur verhindert werden, wenn mehr Getreide produziert werden kann.
Welche Rolle könnte Deutschland dabei spielen? In Deutschland ernteten die Bauern im Wirtschaftsjahr 2020/21 etwa 43,3 Millionen Tonnen Getreide. Von denen werden 43 Millionen Tonnen verbraucht. Doch nur 8,6 Millionen Tonnen (ca. 20%) werden für die menschliche Nahrung direkt verwendet. 58% der Ernte landet als Futtermittel in den Trögen der Tiere. Entwicklungsministerin Svenja Schulze appellierte am Dienstag für eine Reduktion der Tierbestände in Deutschland bzw. Europa und trifft damit den Nagel auf den Kopf: Schon wenn man nur die Schweinefleischproduktion um lediglich 30% reduzierte, könne man 5 Millionen Tonnen mehr Getreide anbauen – und das nur in Deutschland. EU-weit könnte schon die Reduktion des Tierbestandes um gerade einmal 12% helfen, ca. 18,2 Millionen Tonnen Getreide einzusparen, die als Futtermittel verwendet werden und die Flächen für die Ernährung von Menschen direkt zu verwenden – so viel, wie die Ukraine exportieren würde.
Etwas mehr Verzicht auf Fleisch in Europa würde die nächsten Hungerkatastrophen mit vielen Toten verhindern und damit zusammenhängend auch Menschen nicht dazu zwingen, sich in andere Regionen zu begeben. Denken wir um, damit unsere Agrarflächen allen Menschen nutzen können.
Markus Wagner
Hinter der Gas-Krise baut sich eine noch größere humanitäre Krise auf: die Bedrohung einer Hungersnot. Weil die Ukraine als einer der wichtigsten Weizenexporteure der Welt ausfällt und der größte Exporteur weltweit Russland ist, steigen die Lebensmittelpreise und das führt zu Hunger bei denen, die nur für ihr täglich Brot arbeiten können. Doch es gäbe Lösungen, kommentiert Markus Wagner im Stand•PUNKT.