20.05.2021

Lasst den Wald in Ruhe!

Nicht erst seit der Pandemie ist er für viele Deutsche ein beliebter Ort der Erholung und des Rückzugs: der heimische Wald. Obwohl er für uns Menschen so wertvoll ist, nehmen wir seine wirtschaftliche Ausbeutung in Kauf. Im Jahr 2007 setzte die Bundesregierung sich zum Ziel, dass 2020 fünf Prozent der Wälder in Deutschland „nutzungsfrei“ sein sollen. Dieses Ziel wurde bei weitem verfehlt. Eine Studie des Bundesamtes für Naturschutz belegt: Lediglich 2,8 Prozent der Wälder sind „Urwald“, mehr als 97 Prozent werden bewirtschaftet.

Dabei sind Naturwälder von unschätzbarem Wert: Sie erhalten die Artenvielfalt und tragen zum Klimaschutz bei. Der Wald ist ein Ökosystem, in dem Tiere und Pflanzen aufeinander angewiesen sind. Jeder Eingriff des Menschen, etwa die Aufforstung oder die Abholzung von Bäumen, stört dieses Zusammenspiel und stresst den Wald. In Dürreperioden, wie sie in den letzten Jahren häufig auftraten, sind Wirtschaftswälder anfälliger. Naturwälder hingegen – mit vielen alten Bäumen, Totholz und eigenem Blätterdach – sind natürliche Wasserspeicher. Dadurch sind sie resilienter und können auch extreme Hitze ohne Schäden überstehen. Auch der Borkenkäfer greift vorwiegend nichtheimische Bäume an; wie etwa die Fichte, die wie kein anderer Baum das Bild des deutschen Waldes prägt, aber erst seit dem 19. Jahrhundert durch massive Aufforstungen aus wirtschaftlichen Gründen Teil davon ist.

Doch wenn wir den Wald erhalten wollen, müssen wir ihn in Ruhe lassen. Ein Beispiel dafür bildet der Nationalpark Eifel. Dort wird der ehemalige Nutzwald in seinen Urzustand zurückgeführt und dabei nach und nach sich selbst überlassen. Mit Erfolg: Mehr als 2300 bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben sich dort wieder angesiedelt. Für den Wirtschaftswald gilt, sanftere Wege der Bewirtschaftung zu finden und diese Arbeit naturnaher zu gestalten. Dafür brauchen Förster*innen eine spezielle Ausbildung: Der besonders durch sein Buch „Das geheime Leben der Bäume“ bekannte Forstwissenschaftler Peter Wohlleben hat den neuen Studiengang „Ökologische Waldbewirtschaftung“ an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) entwickelt und plädiert für eine Waldwende.

Von einer solchen Waldwende profitieren nicht nur Pflanzen, Tiere und Klima; sie hilft auch unserem Wohlbefinden: Im Wald zu sein wirkt beruhigend und senkt nachweislich den Blutdruck. Deshalb erleben Trends wie Waldbaden in den letzten Jahren einen Aufschwung. Schützen wir den Wald, lassen wir ihn in Ruhe! Nur so bleibt er auch für zukünftige Generationen erhalten.