Tagungshaus
„Alles von Relevanz“ – so der selbstbewusste Auftritt des Deutschlandfunks, ein anspruchsvoller Claim, der für ein ambitioniertes Programm steht. Doch wenn es darum geht, was wirklich relevant, der Rede wert ist, was im Letzten und aufs Ganze gesehen von Bedeutung ist, dann erschöpft sich das nicht nur in seriöser Berichterstattung, in einem gehaltvollen Kulturprogramm. Was Menschen leisten und woran sie leiden, was sie bewegt und wofür sie sich begeistern: all das ist von Bedeutung. Und wo immer Menschen einander zugewandt sind, sich füreinander und für das Gemeinwohl einsetzen, für den Sieg der Menschlichkeit, den Fortschritt der Menschheit…, ist es von allerhöchster Relevanz. Das müsste man gewissermaßen an jede KiTa und jede Schule heften, an jedes Krankenhaus, an jede Rettungswache, jedes Parlament, jede Polizeistation …
Auch an jede Kirchentür? Wenn man die jüngst veröffentlichte Statistik über Kirchenaustritte liest, dann wäre ich mir da nicht mehr so sicher. Es sind zu viele, mehr als eine halbe Million allein im letzten Jahr, die nichts mehr von der Kirche erwarten: dass sie noch etwas bewegen, sich ernsthaft und wirkungsvoll für die Menschen und ihre Anliegen einsetzen kann, dass sie noch Antwort geben kann auf spirituelle Bedürfnisse und existenzielle Fragen. Wie man sich über einen Zeitungsartikel ärgert und das Abonnement kündigt, so ist der Ärger und die Enttäuschung über die Kirche und ihr Personal, ihre vermeintliche Weltfremdheit und erschütterte Glaubwürdigkeit vielen ein Anlass, ihr schlussendlich (?) den Rücken zu kehren, ihr den Stempel der Irrelevanz aufzudrücken.
Und die, die zurückbleiben? Sind die auch „irrelevant“? Mit all ihren Schwächen, Fehlern und so offenkundigen Begrenztheiten? Wenn es in der Kirche etwas gibt, weshalb es sich lohnt, nicht nur zu bleiben, sondern gerade dort Lebensmut und Glaubenskraft zu finden, dann ist die Überzeugung, an einen Gott glauben zu dürfen, für den jede und jeder absolute Relevanz besitzt, unabhängig von Alter und Geschlecht, Herkunft und Bildung, Leistung und gesellschaftlichem „Mehrwert“. Denn es ist nicht die Faszination einer weltweit führenden Organisation und auch nicht der (in der Vergangenheit ja ziemlich lädierte) Anspruch einer societas perfecta, die einen letztlich in der Kirche hält. Doch sie ist ein Ort, wo Menschlichkeit ein Gesicht hat – oder zumindest haben sollte -, gerade auch in den Grenzbereichen menschlicher Existenz, an den Hoch- wie Tiefpunkten des Lebens; wo Barmherzigkeit und Vergebung mehr ist als nur ein loses Wort oder ein frommer Spruch. „Alles von Relevanz“, das müsste an unseren Kirchentüren stehen: und zwar innen – um sie weit aufzustoßen und herauszutreten und, wer immer es ist, erahnen zu lassen: vor Gott hat all unser Sein allerhöchste Relevanz.
Die gesellschaftliche Relevanz der katholischen Kirche in der heutigen Zeit kommentiert Prälat Dr. Peter Klasvogt in seinem Stand•PUNKT.