27.01.2022

Schluss mit dem Schlussstrich!

Seit dem Ende des Steinkohlebergbaus fällt oft der Begriff „Ewigkeitsaufgabe“ – damit sind technische und logistische Maßnahmen gemeint, die sich „auf ewig“ um die Folgen des Bergbaus kümmern. Auch Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungsarbeit sind keine zeitlich befristete Projektarbeit, sondern eine Ewigkeitsaufgabe. Denn: Antisemitismus und Menschenhass sind nicht mit dem Ende der Nazi-Herrschaft ausgerottet worden. Das zeigen Ereignisse wie etwa der Anschlag in Hanau 2020 oder auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019.

Doch rechte Kräfte wollen die Erinnerung an den Holocaust in den Hintergrund rücken, verlangen einen „Schlussstrich“. Es muss Schluss sein mit dieser Schlussstrich-Debatte! Denn so lange „Querdenker“ auf der Straße bei „Spaziergängen“ den Holocaust verharmlosen, indem sie gelbe Sterne – die an die „Judensterne“ der NS-Zeit erinnern – mit der Aufschrift „ungeimpft“ tragen, gibt es noch einiges zu tun.

In diesem Jahr feiern Überlebende am 27. Januar den 77. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und kehren dafür noch einmal zurück an den Ort des Grauens. Jedes Jahr werden es weniger. Im Jahr 2021 starben mit Erna de Vries und Esther Bejarano zwei bekannte Zeitzeuginnen der Schoah. In ein paar Jahren wird es niemanden mehr geben, der „dabei war“ und seine Erinnerungen mitteilen kann. Die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte rückt aus dem individuellen Gedächtnis ins kollektive Gedächtnis unserer Gesellschaft. Ja, wir können die Lebenserinnerungen der Überlebenden aufzeichnen – so lange noch Zeit bleibt. Aber dann ist es an uns, die Erinnerung wachzuhalten. Wir tragen die kollektive Verantwortung dafür, dass die Grausamkeiten der Vergangenheit nicht vergessen werden. Verantwortung dafür, dass wir in Zukunft als Gesellschaft gemeinsam sagen: „Nie wieder!“

Claudia Schwarz