Tagungshaus
Die Einführung der „Fallpauschalen“ (DRG) sollte das Gesundheitswesen revolutionieren, indem der Neoliberalismus auch auf die Krankenhäuser übertragen wurde. Vor gut 20 Jahren wurde der Gesundheitssektor komplett ökonomisiert. Das schien auf den ersten Blick etwas für sich zu haben: Alle möglichen Krankheiten wurden katalogisiert und codiert, dann aufgrund des Schweregrads bestimmt und schließlich mit den durchschnittlichen Behandlungskosten, dem Landesbasisfallwert, multipliziert.
Genau hier liegt aber auch das Problem: Die Erstattung von Durchschnittskosten kann nur dann den Aufwand decken, wenn alle Krankhäuser auch die gleichen, also durchschnittlichen, Kosten aufweisen. Doch das ist nicht der Fall. Auf der einen Seite gibt es kleine Krankenhäuser im ländlichen Raum, die die regionale Grundversorgung sichern, auf der anderen Seite steht die hoch ausdifferenzierte Universitätsmedizin in den Städten. Die kleinen Häuser leiden unter zu wenigen Patienten und in den Häusern der Spitzenmedizin werden die Kosten der individualisierten Medizin nicht gedeckt. Erst die Herauslösung der Pflegekosten aus den Fallpauschalen seit 2020 hat die Ökonomisierung des Gesundheitssektors ein Stück zurückgeführt.
Die Vorgabe, sich an den Durchschnittskosten zu orientieren, führte dazu, dass die deutschen Gesundheitseinrichtungen daran gingen, ihre Reserven auszulösen, denn das reduzierte diese Durchschnittskosten. Das ging solange gut, wie nichts Außergewöhnliches wie z. B. die Corona-Pandemie dazwischenkam.
Ein Krankenhausmanager hat das Dilemma auf den Punkt gebracht: „Die Fallpauschalen sind ähnlich problematisch, als wollte man die Feuerwehr künftig nur noch für gelöschte Brände bezahlen. Das Ergebnis wäre klar: Es gäbe vielerorts bald keine Feuerwehren mehr.“
Wären die Reserven in den Krankenhäusern nicht aufgelöst worden, gäbe es dort noch ausreichend Notfallkapazitäten und es ließe sich leichter durch die Corona-Krise kommen. Das sollte uns das kostbare öffentliche Gut Gesundheit wert sein. Es muss geprüft werden, ob die Krankenhausfinanzierung aufgrund des Systems der mengenorientierten Fallpauschalen angemessen ist.
Burkhard Becker
Die Corona-Pandemie offenbart Lücken in der Finanzierung unseres Gesundheitssystems, inklusive unserer Krankenhäuser. Vor gut 20 Jahren wurde der Gesundheitssektor mit der Einführung der „Fallpauschalen“ komplett ökonomisiert und die Reserven der Krankenhäuser wurden stückweise aufgelöst. Das rächt sich nun: „Die Fallpauschalen sind ähnlich problematisch, als wollte man die Feuerwehr künftig nur noch für gelöschte Brände bezahlen." Burkhard Becker mit dem StandPUNKT.
T: +49 231 20605-44
E-Mail schreiben